Es ist der 1. Advent und wir begeben uns auf die Spuren von Christoph Columbus. Das Starkwindgebiet aus West war durch und wir legten pünktlich um 13.00 Uhr ab. Unsere spanischen und englischen Bootsnachbarn wünschten uns eine gute Überfahrt. Daniel sprach kurz per Handy mit Klaus und so erfuhren wir, dass sie schon unterwegs auf den Weg in die Karibik sind. Sie vereinbarten eine Zeit um über Funk Kontakt zu halten. Klaus überquert zusammen mit seinem und unserem Freund Rüdiger den Atlantik zum zweiten Mal. Eine Funkverbindung kam leider nicht zustande.
01.12. – 07.12.2014
Kaum den ersten Tag auf See und die Seekrankheit hatte uns alle drei fest im Griff. Es sind die ersten blauen Flecken und Blutergüsse zu verzeichnen. In dieser Woche war unser Ziel soweit wie möglich nach Süden auf 20 Grad Nord zu kommen. Durch die vielen Winddreher passten wir unseren Kurs so an, dass wir eine optimale Geschwindigkeit und dabei den Kurs Süd/SW halten konnten. Wind und Welle passten bis zum 5.12. zusammen. Am 06.12. nahm die Wellenhöhe ohne spürbare Windzunahme zu, Luftdruck konstant. Die See war sehr bewegt. Am Abend ließen sich weder Sterne noch der Mond blicken, die Nacht war rabenschwarz. In Süd/Südwest war der Himmel durch Wetterleuchten hell erleuchtet. Durch einen Winddreher nach Süd/Südost mussten wir um unsren Kurs zu halten hoch am Wind segeln. Die Segelfläche hatten wir auf Sturmfockgröße reduziert und liefen dabei immer noch 6,5 Knoten. Die Windsteueranlage (Windpilot) hat optimal hoch am Wind gesteuert. Diese Höhe haben wir auf der Ostsee nie erreicht. Nach diesem Abend zeigte sich der Sonntag mit Sonne und blauen Himmel und der Wind drehte wieder zurück. In den frühen Morgen- und Abendstunden begleiteten uns immer große Delphinschulen.
Etmal: 695,3 Seemeilen
08.12. – 14.12.2014
Zum Abend zogen Wolken auf und der Himmel wurde wieder rabenschwarz. In Süd/Südwest wieder Wetterleuchten. Der Wind nahm bis auf 40 Knoten zu und die Wellen wurden immer höher und sie kamen aus allen Richtungen. Das Wetterleuchten kam dichter und es wurden Blitze sichtbar. Der Gewittersturm kam genau auf uns zu. Gegen 2.00 Uhr in der Früh entschlossen wir uns Beizudrehen. Der Kompass und alle technischen Geräte spielten verrückt. Alle wichtigen elektronischen Geräte wie Hand-GPS, Handfunkgerät und Satellitentelefon verstauten wir im Backofen. Die anderen Geräte wurden ausgeschaltet und vom Stromkreis getrennt. Wir haarten der Dinge, die auf uns zukamen. Das Gewitter brachte sintflutartigen Regen mit sich und dieses Schauspiel dauerte 6 Stunden. Nach dem Durchzug des Gewitters brachten wir unsere Lady wieder auf Kurs. Tagsüber blauer Himmel und Sonne und wir konnten unseren Kurs wieder anliegen lassen. In der Nacht von Montag zu Dienstag wieder das gleiche Speil, nur wir mussten länger aushalten, 12 Stunden, wobei wir 32 Seemeilen versetzt wurden. Entschlossen uns während des Gewittersturms wieder Fahrt aufzunehmen, da der Wind und die Welle moderater wurden. Nach Durchzug dieses Sturmes ging der Wind auf 2 Windstärken runter. Diese Windstärke begleite uns für den Rest der Woche. Vor langer Weile entschloss sich Daniel die Angel zu werfen und siehe da, er hatte großen Erfolg. Drei Tage angelte Daniel und wir hatten jeden Tag einen Fisch am Harken. Es waren zwei Goldmarkelen und ein Bonito. Diesen aßen wir nicht, da er weiße feste Wurmstellen im Bauchraum hatte. Er ging zurück in die See. Unsere Stoffbuchse bereitete uns in der zweiten Woche extreme Probleme. Alle 4 Stunden holten wir Wasser aus der Motorbilge. Dieses war auf Grund der See und der wenigen Fahrt des Schiffes kein leichtes Unterfangen. Entschlossen uns am 11.12. das Schiff aufzustoppen (Beidrehen) um zu sehen, ob ein Arbeiten an der Stoffbuchse möglich war. Unsere Lady lag einigermaßen ruhig, so dass diese Arbeit erledigt werden konnte. Diese Arbeit war erfolgreich und wir hatten bis zum Ende keine Probleme mehr damit. Wir haben 20 Grad Nord erreicht. Die Suche nach dem Passatwind begann. Haben am 13.12. erste Anzeichen vom Passatwind, die ersten sogenannten Dampfwolken am Himmel. Wir bäumten die Genua aus und bereiteten alles für das zweite Passatsegel vor.
Etmal: 569,7 Seemeile
15.12. – 21.12.2014
Der Wind wurde böiger, in Böen bis zu 24 Knoten und dann wieder runter auf 8 – 10 Knoten, fahren immer noch Süd/Südwest, da wir auf 15 Grad Nord runter müssen, liegen auf 17,2 Grad Nord. In der Nacht zum 15.12. nahm der Wind weiterhin zu und eine Kreuzsee baute sich auf. Geschätzte Wellenhöhe 4 bis 5 Meter. Liefen in der Nacht mit Autopilot und gegen 8.30 Uhr stieg durch die Kreuzsee eine Welle ins Cockpit ein. Trotz aller geschlossenen Luken und Schotts ist überall Wasser im Schiff (Bilge). Brauchen trotz Bilgenpumpe 2 Stunden um die Bilge trocken zu legen. Erster Schaden, unser Autopilot gibt den Geist auf. Nach der Fehlersuche stellten wir fest, dass die Firma Simrad zu dumm ist, eine wasserdichte Steckverbindung herzustellen. Durch einen Kurzschluss im Stecker hat es die Kabelverbindung verbrannt. Die stromführenden Kabel bestehen nicht aus einer Kupferlegierung und haben einen Durchmesser unter Kingeldrahtniveau. Die Windfahne übernimmt ihre Arbeit wieder. Die Kreuzsee macht uns zu schaffen. Von der Barfussroute kann keine Rede sein. In dieser Woche nahm der Wind weiterhin bis auf 30 Knoten zu, zwei unterschiedliche Wellensysteme. Am 19.12. erreichen wir endlich 15 Grad Nord und setzen Kurs Richtung West ab. In dieser Woche passierte Wolfgang ein Missgeschick, ihm fiel ein Backkistendeckel auf den Kopf, eine riesige Kopfplatzwunde, überall lief das Blut. Unsere SeaDoc-Tasche kam zum Einsatz. Welch ein Glück, Daniel und ich hatten einen Lehrgang bei SeaDoc in Hamburg absolviert. Haben im Boot über 30 Grad, alles ist klamm und feucht und uns läuft das Wasser nur so runter. Morgens hatten wir immer viele fliegende Fische an Bord. Tagsüber sah man sie auch im Atlantik umherfliegen.
Etmal: 664,1 Seemeilen
22.12. – 27.12.2014
Sahen gegen Abend des 21.12. nicht weit entfernt von uns ein anderes größeres Segelschiff, aber auch dieses schaukelt, stampft und bockt in den Wellen so wie wir. Wir segeln jetzt mit 4,5 Knoten Martinique entgegen und die Wellen kommen immer noch aus zwei verschiedenen Richtungen. Die Sonne scheint tagsüber nicht mehr so und wir müssen abends den Motor für 2 Stunden mitlaufen lassen, um Strom zu machen. Es treiben riesige Felder von Unterwasserpflanzen an uns vorbei und ab und zu bleiben sie im Ruder der Windfahne hängen. Wir befreiten das Ruder von diesen Pflanzen, damit die Windfahne die Lady wieder auf Kurs bringen konnte. Die Nächte sind nicht mehr schön zum Segeln, da der Wind zu nahm und es immer wieder zu Winddrehern kam. Wir bekamen wenig Schlaf, weil die Windfahne immer nachgestellt werden musste. Die Squalls brachten viel Wind und fast kein Regen. Wir telefonierten mit unseren Lieben in Deutschland und wünschten ihnen ein schönes Weihnachtsfest. Für unsere kleine Lia wird es vielleicht ein unvergessliches Weihnachten sein, da sie dies mit ihren fast 2 Jahren bewusst erleben wird. In dieser Zeit schauten wir viele Weihnachtsfilme und unsere Serien, „Forsthaus Falkenau“ sowie „Wilsberg“. Eigentlich könnten wir dort schon mitspielen. Ab dem 25.12. hatten wir Flaute, Windstärke 1-2, einfach zu wenig für unsere Lady. Ein großer Vogel, Art Tölpel, wollte auf unsere Lady landen. Einen Erfolg hatte er nicht zu verzeichnen, na ja bei dieser Schaukelei auch kein leichtes Unternehmen.
Etmal: 560,6 Seemeilen
28.12.2014 – 01.01.2015
Am 27.12. gegen 21.30 Uhr wurden wir angefunkt. Da sie uns mit Namen riefen, schauten wir bei uns im AIS nach wo das Schiff stehen könnte. Leider hatten wir kein AIS-Signal. Daraufhin fragten wir sie nach ihrer Position und sie teilten uns mit, dass sie sich im Luftraum über uns befanden. Sie gaben an, dass sie Flieger aus Dänemark und Norwegen seien. So vermuteten wir, dass sie von der Luftraumüberwachung der Nato sind. Von der Nato werden seit dem 11. September 2001 für die USA Luftraumüberwachungen geflogen. Gegenseitig wünschten wir uns Merry Christmas und ein Happy New Year. Sie wünschten uns noch alles Gute für unsere weitere Atlantiküberfahrt. Der Wind nahm weiter zu und die Wellen wurden immer höher, aber es blieben die zwei unterschiedlichen Wellensysteme. Wir funkten einen Tanker an, da wir auf Kollisionskurs waren. Er hatte uns aber schon in seinem AIS gesehen und teilte uns mit, wie er uns passieren wird. Ansonsten ist nicht so viel passiert, eine Woche mit viel Wind und einer sehr bewegten See. Martinique steuerten wir von Süden an und pressten uns durch die Meerenge von Saint Lucia und Martinique. Die Wellenhöhe nahm so zu, dass die Wellen uns aus dem Ruder warfen, so dass wir im Wind standen und keine Fahrt mehr machten. Da die Windfahne es nicht schaffte uns wieder auf Kurs zu bringen, mussten wir per Hand steuern. In diesen 1,5 Stunden liefen wir mit Motorunterstützung und unser Ankergeschirr musste noch klariert werden. Je dichter wir der Ankerbucht Saint Anne kamen, sahen wir mit einmal viele Yachten im AIS und viele Lichter an Land. Gegen 23.30 Uhr ließen wir am 01.01.2015 unseren Anker fallen. Mit einer Flasche Sekt stießen wir auf unser Ankommen an und die Tränen fanden ihren Weg. Für unsere Atlantiküberquerung benötigten wir 31 Tage und 11,5 Stunden.
Etmal: 472,5
Seemeilen gesamte Seemeilen: 2.951,2 Seemeilen
Fazit:
Es war für uns keine einfache Überfahrt. Sie entsprach nicht unseren Vorstellungen, da sie in den meisten Büchern, welche wir gelesen haben, ganz anders beschrieben wird. An vielen Tagen konnten wir weder Kochen noch Brotbacken, geschweige Café trinken. Die meiste Zeit konnten wir uns nur auf allen Vieren durchs Boot bewegen. Ein aufrechter Gang war unmöglich, da unsere Lady wie ein Sektkorken vor Wind und Welle trieb. Das Passatsegeln so wie wir es erlebt haben ist vergleichbar als wenn man vor dem Sturm wegläuft. Wir fragten uns, warum tun wir uns dies an? Der englische Kanal und die Überquerung der Biskaya im Jahre 2013 waren für uns eine der schönsten Segelpassagen während unserer Reise.
Technische Probleme:
Am meisten ärgerte uns, dass wir mit unserem Satellitentelefon ab 20 Grad Nord keine Datenverbindung herstellen konnten, wie zum Beispiel das Versenden von E-Mails und Wetterempfang. Über unseren Autopiloten der Firma Simrad haben wir uns schon in der dritten Woche ausgelassen. Sonst hatten wir keine weiteren technischen Probleme. Am meisten freute uns, dass all unsere Um- und Einbauten (wie ihr ja wisst) den Wetterbedingungen standgehalten haben.
Von den Kanaren nahmen wir 340 Liter Trinkwasser in den Tanks und Kanistern mit. Davon verbrauchten wir zirka 200 Liter, diese waren nicht zum Trinken. Von unseren eingelagerten Lebensmitteln haben wir noch die Hälfte an Bord. Schlechte Erfahrungen machten wir mit der H-Milch (geöffnet), trotz Kühlung wurde sie binnen 24 Stunden sauer. Es lag wohl an der Schaukelei. Wir empfehlen gezuckerte Kondensmilch (Lidl) von den Kanaren mitzunehmen. Diese verdünnten wir mit Wasser für Müsli und Hefeteig. Aus Deutschland hatten wir an Bord Hefeteig- Garant von Dr. Oetker, wo ein Gehen des Hefeteigs entfällt. Dies erspart eine Menge Zeit und er gelang immer. Wir backten damit süße Brötchen. Leider fehlte uns ein Rührgerät und so mussten wir den Teig per Hand herstellen.
Zum Schluss sind wir zur Erkenntnis gekommen, das zur Vorbereitung der Atlantikpassage folgende Bücher zu empfehlen sind: „Einmal Karibik Hin und Zurück“ sowie von Rolf Wemmer, „Erst Süd dann West“ und „Eisiger Norden, glühender Äquator, braune Segel“. In diesen Büchern wird nichts beschönigt, sondern es ist geschrieben worden, so wie es von den Seglern erlebt wurde.
Im Passatgürtel gibt es folgende Begebenheit, um 10.00 Uhr und 22.00 Uhr steigt das Barometer um 1 bis 2 Striche. Um 4.00 Uhr und 16.00 Uhr fällt es entsprechend. Sollte es um 3 Striche fallen, dann ist wahrscheinlich mit einer Depression zu rechnen. Beim Fallen von 5 Strichen ist diese Depression da. Aus diesen Depressionen kann ab den Monaten Juni bis November ein Tropensturm entstehen. Wir haben stündlich den Luftdruck kontrolliert und aufgeschrieben. Es kann aber auch zu größeren Tagesschwankungen kommen. Dies hatten wir auch. Wir bedauern sehr, dass wir keine Luftdruckkarten mitgenommen haben.
Seit dem 02.01.2015 liegen wir vor Le Marin (Martinique) vor Anker, erholen uns und bringen unsere Lady wieder auf Vordermann. Ein neuer Bericht über Martinique folgt.